Schon immer habe ich mich mit dem Thema Landschaft beschäftigt, in Zeichnung und Malerei, später dann auch in plastischen Arbeiten. Landschaft war für mich natürlich zunächst die Umgebung, die Natur, in der ich mich bewegt habe. Das Gesehene habe ich aber nicht direkt abgebildet, sondern aus den Aspekten, die mich fasziniert haben, eine Art Konglomerat gebildet, dass in eher abstrakten Bildern und Zeichnungen seinen Niederschlag gefunden hat.
Mit den plastischen Arbeiten – überwiegend aus Draht – kam der Aspekt der Struktur und des Modellhaften hinzu. Ich habe mir Vorstellungen gemacht zu bestimmten Typen von – zumeist steinigen – Landschaften, von ihrer Struktur, die sich aus dem Entstehungsprozess herleiten lässt. Dabei ist die gegenständliche Vorstellung die Grundlage, auf der sich eine eigenständige plastische Gestalt entwickelt. Durch die Drähte und Blechstückchen, die unterschiedliche Stärken haben, dicht zusammen oder weit auseinander angeordnet sind, parallel oder schräg zueinander laufen, haben diese Landschaftsmodelle, wie ich sie nenne, große Ähnlichkeit mit einer Zeichnung, nur eben mit einer, die in die Dreidimensionalität erweitert wurde.
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Natürlich ist so ein Drahtmodell kein geologisches Anschauungsobjekt. Die Geologie gibt allenfalls die Idee für Struktur und Aufbau, dann gewinnen aber Überlegungen zu Form und Beziehung der Formen untereinander, also ästhetische Kategorien, die Überhand.V
Anders als diese Arbeiten, die sich mit dem inneren Aufbau und der Entstehungsgeschichte von Landschaft beschäftigen, geht es in den großen Ölbildern um die Oberfläche, genauer um den Boden, auf dem wir alle stehen.
Auch da hat mich zunächst die Entstehung interessiert:
Wie wird aus Gestein Boden, über die mechanische Zerkleinerung durch Verwitterung hinaus? Was passiert mit dem Gestein, was verändert sich? Das geht tief hinein in chemische Umwandlung der gesteinsbildenden Mineralien, dazu kommt der Eintrag von oben, durch in Humus verwandelte abgestorbene Pflanzen, da geht es um Wasser und Sauerstoff im Boden, um Kleinlebewesen, und das alles in unterschiedlichen Schichten.
Dazu ist eine ganze Serie von diesen sehr schmalen Hochformaten entstanden. Zu jedem davon standen vorher erwähnte Aspekte der Bodenbildung und Veränderung Pate, physikalische Zerkleinerung des Gesteins durch Verwitterung, bestimmte Bodentypen, Bodenleben, also die kleinen und kleinsten Lebewesen, die abgestorbenes organisches Material abbauen und damit wieder in den Kreislauf der Natur zurückführen.
Auch hier geht es nicht um Anschauungsmaterial für bodenkundlichen Unterricht, sondern es sind Bilder, die von der Beschäftigung mit Bodenkunde hervorgerufen werden.
Das Thema prägt aber die Art, wie hier Malerei eingesetzt wird. Verwitterung verläuft von oben nach unten bzw. außen nach innen und bildet teilweise deutlich unterscheidbare Schichten. So sind diese Bilder auch in Schichten von unten nach oben aufgebaut, dabei ist es unten meist grober strukturiert, nach oben hin wird es kleinteiliger. Oben ist ein größerer Anteil von Humus, also sind dort eher die Brauntöne zu finden. Die Farbe Blau gibt Hinweise auf Wasservorkommen und -verläufe.
Vom Boden zu den Pflanzen, zum Wachsen, ist es nur ein kleiner Schritt. Pflanzen, hier insbesondere die großblättrigen Schlingpflanzen des Dschungels, wie man sie in Tropengewächshäusern sehen kann, haben mich immer wieder fasziniert und ich habe auch im Gewächshaus direkt gezeichnet. Da ist dieses Streben in die Höhe, ans Licht, das Wuchern, das Chaos von neben-, über – und untereinander, davor und dahinter, der Raum, der von den geschlitzten, durchlöcherten Blättern der Monstera gebildet wird.
Ich habe vor Ort im Gewächshaus die Pflanzen und Blatttypen studiert, dabei ein grafisches Formenrepertoire entwickelt, das natürlich nicht losgelöst vom Gegenstand zu betrachten ist, sondern entscheidend von ihm mitbestimmt wird. Im Atelier, auf mehr oder weniger großen Papierformaten, baue ich dann ein Gefüge aus Linien, Grauwerten, Schraffuren, Krakeln usw., das in seiner Gesamtheit doch wieder eine Ähnlichkeit mit den Pflanzensituationen aufweist, die ich vorher studiert habe. Die Farbe ist nicht gegenständlich und realistisch gemeint, sondern sie gibt Atmosphäre, akzentuiert und verstärkt.
Und so, wie Pflanzen wachsen, welken und vergehen sie auch wieder:
Ausgangspunkt ist hier der Blick in kleine trübe Gewässer, schlammige Tümpel, in denen undeutlich Dinge zu sehen oder zu ahnen sind – Pflanzen, die von unten hochwachsen und allenfalls mit einer Spitze aus dem Wasser aufragen, oder Äste oder andere Pflanzenteile, die langsam absinken, vermodern, und nur undeutlich im Trüben auszumachen sind.
Solche Vorstellungen stehen Pate für Zeichnungen und Aquarelle. Das Trübe, Undeutliche, ja auch etwas Unheimliche erfordert einen im Grunde unsachgemäßen Umgang mit dem Medium Aquarell: ich habe Komplementärfarben wie z.B. grün und rot zu grau gemischt und meist abwechselnd damit und mit Brauntönen eine Schicht nach der anderen über eine zuvor gemalte Form gelegt. Dabei wird die vorher gemalte Farbschicht wieder etwas angelöst und das Ganze wird immer undeutlicher und schmuddeliger, etwas, das man normalerweise im Aquarell zu vermeiden sucht. Außerdem entmischen sich die grünen und roten Pigmente wieder etwas, was eine leicht körnige Struktur ergibt. Die Buntstiftzeichnungen sind Versuche, dieses Vorgehen in einem anderen Medium zu wiederholen.
Zusätzlich gibt es noch eine Übertragung eines der Aquarelle in ein ganz anderes Medium, das der Bildwirkerei bzw. des Gobelin:
Gobelins haben mich fasziniert, seit ich in Angers an der Loire die große Teppichserie zur Apokalypse des Johannes gesehen habe. Und es ist nicht nur die schiere Größe dieser Wandteppiche, die mich tief beeindruckt hat. Diese gewebten Bilder erhalten durch die farbige Wolle eine andere Strahlkraft, das Weben erzwingt auch eine andere, strengere Art von Formsprache, es erfordert Konzentration auf Wesentliches.